Lehrende: Matthias Wille
Veranstaltungsart: Vorlesung
Orga-Einheit: Philosophie
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Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -
Literatur: Wird in der Vorlesung bekanntgeben
Kommentar: Das Jahr 399 v. Chr. markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Wissenschaften. Seit Thales’ Zeiten entwickelte sich eine Lebensform, der Bios philosophikos, die in der Öffentlichkeit Unverständnis hervorrief und deren Befremden in der sokratischen Gesprächspraxis ihren negativen Höhepunkt erreichte. Die demokratisch organisierte Polis Athen strafte die philosophische Lebensform ab, indem sie Sokrates in einem ordentlichen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilte. Platon, der bis zu diesem Zeitpunkt noch unentschlossen war, ob er politische Ämter anstreben sollte, war durch den Tod seines verehrten Lehrers traumatisiert. Desillusioniert suchte er nach einer Möglichkeit, den philosophischen Lebensvollzug vor der Öffentlichkeit zu schützen. 387 schritt er zur Tat. Auf dem Gelände des Akademie-Gymnasions außerhalb der Stadtmauern gründete er die erste wissenschaftliche Institution des Abendlandes, in der er in den nachfolgenden 40 Jahren junge Menschen durch das Unterweisen in wissenschaftlichen Themen zu epistemisch und moralisch tugendhaften Personen erziehen wollte. Obgleich die platonische Akademie in ihrem Renommee nicht an die ebenfalls in Athen ansässige Rhetorik-Schule des Isokrates heranreichte, so zog sie über die Jahrzehnte doch viele Gelehrte aus der gesamten Griechisch sprechenden Welt an. Sie zog auch einen 17-jährigen Jüngling aus der Provinz an, der nicht nur zu einem der größten Universalgelehrten der Geschichte werden sollte, sondern auch zum kritischen Bewahrer des Akademiegedankens: Aristoteles. Die Vorlesung bereitet im Detail die Gründungsgeschichte auf. Sie erzählt vom Aufkommen der philosophischen Lebensform um 600, der Entwicklung ihres gespannten Verhältnisses zur Öffentlichkeit bis hin zu ihrer Ausnahmefigur Sokrates. Obgleich wir über keine Urkunden verfügen, die Auskunft über die institutionelle Verfasstheit der Akademie geben, so können wir über eine Vielzahl von Passagen aus den platonischen Dialogen (sowie den Briefen) nicht nur die Gründungsmotive, sondern auch die interne Organisation der Schule sehr gut rekonstruieren. Mit dem Eintritt von Aristoteles 367 wird diese, für uns so wichtige Informationslage abermals verbessert, denn Platons schärfster Kritiker, der zugleich der größte Verfechter seiner akademischen Vision werden sollte, erkennt früh, wie die Institutionalisierung von Wissenschaft verbessert werden kann. Dies findet nicht nur Eingang in seine eigene akademische Lehrpraxis, sondern wird – zu unserem Glück – umfassend manifestiert in seinem Schrifttum. Aristoteles’ eigene Schule, der Peripatos, wurde in der Akademie geboren, denn die Weiterentwicklung des Institutionalisierungsgedankens wurde von ihm bereits während seiner 20--jährigen Zugehörigkeit zur platonischen Gemeinschaft vollzogen.