L.068.14050 Religiöser Pluralismus? Politische Wechselbeziehungen von Christen, Juden und Muslimen, Paganen und Säkularen im Europa der Frühen Neuzeit

Lehrende: Prof. Dr. Johannes Süßmann

Veranstaltungsart: Vorlesung

Orga-Einheit: Geschichte

Anzeige im Stundenplan:

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -

Literatur:
Peter L. Berger: Altäre der Moderne. Religion in pluralen Gesellschaften. Übersetzt v. Ruth Pauli (=Religion und Moderne. 2). Frankfurt/M. 2015.

Kommentar:
In seinem Buch Altäre der Moderne unterscheidet der Religionssoziologe Peter L. Berger zwei Pluralismen: einen innerreligiösen, der das Nebeneinander von verschiedenen Religionen innerhalb eines Gemeinwesens bezeichnet, von einem Pluralismus religiöser und säkularer Diskurse, also dem akzeptierten Nebeneinander von Gottesglauben und religiöser Abstinenz. Für Berger sind beide Pluralismen Kennzeichen der Moderne; als Beispiel stehen ihm die Vereinigten Staaten von Amerika vor Augen. Allerdings räumt er ein, daß es einen historischen Vorlauf gebe, der zu dem heutigen doppelten Pluralismus geführt habe.
Über die Entstehungsgeschichte des modernen religiösen Pluralismus macht Berger nur Andeutungen. Wie man das Problem im Europa der Frühen Neuzeit wahrgenommen, diskutiert und behandelt hat, ist Thema der Vorlesung. Sie geht von der Feststellung aus, daß die Epoche zwar durchzogen war von Wünschen nach religiöser Einheit, daß die Menschen sich in Wirklichkeit aber ständig mit religiöser Vielheit auseinandersetzen mußten: erstens durch die innerchristlichen Glaubenskämpfe im Gefolge der Reformationen; zweitens durch den Dauerkonflikt mit dem muslimischen Osmanenreich; drittens durch eine Expansionsbewegung, die immer neue nichtchristliche Bevölkerungsgruppen unter die Herrschaft von Europäern brachte; viertens durch den Aufstieg religionskritischer und säkularer Positionen in der Aufklärung. Im Hinblick auf die Religion kann man die Frühe Neuzeit als eine Pluralisierungsgeschichte sehen. Dies hat einen gewaltigen Problemdruck erzeugt. Die Vorlesung fragt, wie man politisch darauf reagiert hat. Sie zeigt, wie es kam, daß im Zeichen von religiöser und nichtreligiöser Vielfalt die Friedenssicherung als genuine Aufgabe von Herrschaft begriffen worden ist.