L.053.00321 Glaube und Charakter. Grundriss einer skeptischen Tugendethik

Lehrende: Prof. Dr. Jochen Schmidt

Veranstaltungsart: Vorlesung

Orga-Einheit: Theologie ev.

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Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 80

Literatur:
Halbig, Christoph, Der Begriff der Tugend und die Grenzen der Tugendethik, Berlin 2013.

Kommentar:
Tugend ist populär und zugleich hochgradig umstritten. Populär ist Tugend, weil sie eine ganzheitliche Sicht auf das gute Leben verspricht. Tugendhaft zu sein bedeutet, ein gelungenes, also moralisch gutes und glückliches Leben zu führen. Tugendethik fragt, was für eine Einstellung bzw. Haltung gegnüber Dingen in der Welt jemand haben müsste, um ein gutes Leben zu führen, und wie die entsprechenden Haltungen oder Einstellungen gebildet werden können. Hochgradig umstritten ist Tugen bzw. Tugendethik, 1) weil sie augenscheinlich konservativistisches und ideologisches Denken bedient, 2) weil die Tugendethik den Blick vermeintlich auf den Einzelnen richtet anstatt auf die Gemeinschaft, und 3) weil die Tugendethik offensichtlich davon ausgeht, dass der Mensch im Grunde 'gut' sei, genauer: dass der Mensch auf das Gute ansprechbar sei und sich auf das Gute hin entwickeln (wollen) könne. Dieses Menschenbild aber, so lautet der Einwand, ist unangemessen enthusiastisch, weil es den 'menschlichen Makel' übersieht, die Schwäche und die Fehlbarkeit des Menschen.

Diese drei Vorbehalte gegen die Tugendethik, die man als Konservatismusvorwurf (1), Egoismusvorwurf (2) und Enthusiasmusvorwurf (3) bezeichnen könnte, werden in der Vorlesung als Provokation einer skeptischen Tugendethik aufgegriffen. Skeptische Tugendethik macht das Potential von Tugend und Tugendethik stark, indem sie die Kritk an der Tugendethik ernst nimmt. Die Vorlesung wird zeigen, dass gerade die theologische Rede von Menschen in alle seiner Ambivalenz und namentlich von Tugend in diesem Zusammenhang sehr fruchtbare Impulse geben kann, wenn sie sich auf ein kritisches Gespräch mit philosophischen, moralpsychologischen und pädagogischen Perspektiven einlässt.